Bäume

 

Mit der Portfolioplanung ist es so eine Sache: Einerseits möchten wir am liebsten nur solche Stoffe in die Lebenskleidung-Familie aufnehmen, die ressourcenschonend produziert werden, ohne lange Transportwege auskommen und obendrein auch noch all dem gerecht werden, was es an Innovationen gerade gibt. Es ist also gewissermaßen unsere Pflicht, jede neue Faser nicht nur kennenzulernen, sondern uns auch darüber klar zu werden, ob wir mit ihr arbeiten können und wollen.

Auf der anderen Seite bedeutet das auch, dass wir uns ein ums andere Mal entscheiden müssen, mit welchen Produktionspartnern wir kooperieren möchten – ein Grat, der bisweilen schmaler ist, als man sich vorstellen kann. Unsere neuen Refibra™-Stoffe sind in allererster Linie eines: wunderschön, sehr angenehm zu tragen und Teil einer neuen Generation von Fasern, die einen enorm großen Schritt in Richtung Kreislauffähigkeit gehen. Hergestellt wird Refibra™ aus einem Gemisch aus Holzspänen und – daher hat es seinen Namen – Baumwoll-Verschnitten aus der Bekleidungsindustrie, die sonst entsorgt würden und hier die Chance bekommen, ihr Leben einer neuen Faser zu schenken. Um es auf eine griffige Formel zu bringen: Lyocell aus Zellulose + recycelte Baumwoll-Zuschnittreste = Refibra™.

Die ökologischen Vorteile dieses Herstellungsprozesses liegen auf der Hand. Nicht nur gilt das Lyocell-Verfahren schon für sich allein genommen als nachhaltige Verfahrensweise, das in nur zwei Verfahrensstufen und mit einem nicht-toxischen Lösungsmittel vonstattengeht und bei dem 99% des Lösungsmittels sowie das verwendete Wasser immer wieder dem Produktionsprozess zugeführt werden können. Außerdem, und das ist die eigentliche Innovation, werden Materialien aus dem Abfallstrom – die Baumwollverschnitte – abgeleitet und an anderer Stelle nutzbar gemacht, wodurch sich die Menge der benötigten Rohmaterialien reduzieren lässt. Da all das zunächst einmal wie eine sehr überzeugende Sache, aber gleichzeitig auch ziemlich technisch klingt, möchten wir das, was uns die Entscheidung erschwert hat, ganz offen mit Euch teilen. Dreh- und Angelpunkt ist dabei die österreichische Firma Lenzing, die hinter der Refibra™ steht und den meisten von Euch wahrscheinlich schon einmal wegen ihrer Premiummarke Tencel, der kleinen Schwester der Refibra™, untergekommen ist. Lenzing ist als Aktiengesellschaft mit über 6.000 Mitarbeitern, vielen weltweiten Standorten und der Produktion von jährlich rund 67.000 Tonnen Cellulosefasern schon eher das, was man einen big player nennt.

Das ist nicht schlecht – ganz im Gegenteil – bringt für uns aber dennoch Vor- wie Nachteile mit sich. Die guten Dinge zuerst: Mit Lenzing haben wir einen zuverlässigen Partner an unserer Seite, der gut vernetzt ist, absolut professionell agiert und innovative Closed-Loop-Strategien entwickelt. So etwas wie »Abfallprodukte« kennt die Firma quasi nicht: Nahezu alle Lösungsmittel und Emissionen können zurückgewonnen oder abgebaut werden. Der Wasserverbrauch bei der Lyocell-Gewinnung ist rund 80% geringer als in der konventionellen Baumwollverarbeitung. Sicherlich: In Puncto Energie fällt die Bilanz etwas schlechter aus, aber Lenzing hat sich verpflichtet, 100% erneuerbare Energien in seinen Produktionsprozessen einzusetzen.

Und last but not least: Das Ergebnis, also der Stoff, der aus Refibra™ entsteht, ist wirklich fantastisch. Atmungsaktiv, mit besserer Feuchtigkeitsaufnahme, antibakteriell und frei von Bleichmitteln. Er sieht schön aus, ist extrem hochwertig, fällt perfekt und kann, um die Schleife einmal bis ans Ende durchzudenken, seinerseits auch wieder recycelt werden. Der Wermutstropfen: Ein Unternehmen, das in den genannten Größenordnungen operiert, kann nicht immer alles bis ins kleinste Detail zurückverfolgen. Konkret heißt das, dass wir über die Bedingungen, unter denen die verwendeten Holzarten – das sind Eukalyptus, Kiefer, Fichte, Akazie, Birke, Buche, Espe und Ahorn – wachsen und gedeihen, zur Zeit noch nicht so viel wissen, wie wir gern würden. Was wir wissen: Sie sind FSC- oder PEFC-zertifiziert und werden komplett im österreichischen Heiligenkreuz verarbeitet. Und wir hätten uns nicht dafür entschieden, mit Refibra™ zu arbeiten, wenn uns nach reichlichem Überlegen und einem konstruktiven und ehrlichen Dialog vor Ort nicht all die positiven Dinge davon überzeugt hätten, dass dieses Projekt es Wert ist: für Euch, den schönen Stoff und die vielen richtigen Ideen und Impulse.